Der Werdegang der Düsseldorfer Kriminalpolizei vom „normalen“ Verbrechenbekämpfer bis hin zum ideologisch indoktrinierten NS-Verbrecher beschäftigt sich neuerdings die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf.
Die Sonderausstellung beginnt mit der Verbrechensbekämpfung im ausgehenden 19. Jahrhundert. Mit der Errichtung einer zivilen Dienststelle „Criminal Bureau“ sollte die überforderte Schutzpolizei (Schupos) unterstützt werden. Anfangs mit gemischtem Erfolg. Denn gutes Personal war Mangelware und auch von modernen Ermittlungstechniken fehlte (noch) jede Spur.
„Kripo-Profis“ in der Weimarer Zeit: schlagkräftig, modern und effizient
In den 20er Jahren zeigte sich die Kriminalpolizei von ihrer professionelleren Seite. Man setzte auf Fingerabdruckverfahren, grafologische Gutachten, Gerichtsmedizin und Labor, um Verbrecher dingfest zu machen. Die Taten von „Kokswilli“ alias Wilhelm Koch, des Sattlers Georg Störing genannt „das Puppchen“ oder die des „Baldeney Mörders“ Aloys Tipp steigerte nicht nur die Auflagen einer sensationsheischenden Presse. Auch die Öffentlichkeit verschlang genussvoll alle Berichte. Gleichzeitig verfestigte sich auch damit das Image, in dem sich die Polizei gerne sah: schlagkräftig, modern und effizient.
Peter Kürten – der Vampir aus Düsseldorf
Erst die brutale Mordserie des Peter Kürten (der Vampir aus Düsseldorf), versetzte 1929 der polizeilichen Erfolgsgeschichte einen erheblichen Schlag. Fotos der Tatwerkzeuge (Hammer, Schere und Messer)geben eine Vorstellung davon, wie Kürten seine Opfer abschlachtete. Der Mörder war trotz Sonderkommission nicht zu fassen. Die Presse ergötzte sich genüsslich an seinen Taten und versetzte damit ganz Düsseldorf in Aufruhr. Erst als Kürtens Frau der Kripo den entscheidenden Tipp gab, gelang es den Beamten, den Lustmörder zu verhaften.





Straßenschlachten und politische Morde
Die Kürten-Morde schadeten immens dem polizeilichen Ansehen. Gleichzeitig machte die politische und wirtschaftliche Zersetzung auch vor Düsseldorf nicht Halt. Die Polizei lieferte sich nun regelmäßig Straßenschlachten mit Kommunisten und Nationalsozialisten. Politische Morde wurden nun zur Tagesordnung. Zusätzlich steigerte sich die prekäre Lebenssituation vieler Düsseldorfer ab 1932 ins Unermessliche. Ob in den Bordellen an der Corneliusstraße, dem Barackenlager auf dem ehemaligen Zeppelinfeld in Lohausen oder den schäbigen Bretterbuden an der Golzheimer Heide. Schautafeln mit Bildern veranschaulichen wo es in Düsseldorf Brachflächen gab, in der die Ärmsten ansiedelten und unter primitivsten Bedingungen ihr eigenes Stückchen Glück suchten. Es bildete sich ein Vorgeschmack auf das, was man unter den Nationalsozialisten als Gesindel zusammenfasste.
Verbrechensbekämpfer werden zu „Rassehygieniker“
Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten veränderte sich auch der kriminalistische Blickwinkel, mit der die Polizei auf Verbrecherjagd ging. Kriminelle begingen nun deswegen Straftaten, weil sie diese Neigung von ihren Vorfahren „geerbt“ hatten. Eine „Stammtafel“ des Häftlings Ostertag soll beweisen, dass seine „innere Haltlosigkeit und widernatürlichen Triebe“ seiner DNA entsprangen, statt seiner Lebensumstände. Die Kriminalisten waren von nun an „Rassehygieniker“, die das Volk von „Asozialen“ befreiten. Dazu gehörten bekanntlich nicht nur Juden, Sintis und und Romas, sondern auch Homosexuelle, Sittenstrolche, Bettler und sonstiges Gesindel.





Deportationen von asozialen Elementen
Bereits 1937 zeigten sich Himmler und Heydrich 1937 mit den bisherigen Maßnahmen, „asoziale Elemente“ aus der Volksgemeinschaft zu entfernen. Die Menschen wurden nicht nach ihrem Tun beurteilt, sondern nach ihrer biologischen bzw. rassischen Wertigkeit. Daraufhin zog auch die Kripo in Düsseldorf die Zügel an. In Aktionen wie „Arbeitsscheue Reich“ oder in der „Juni-Aktion“ oder „Bekämpfung der Zigeunerplage“, also die sogenannten „Mai- Deportationen“ von Sinti und Roma, griff die Polizei gesellschaftliche Ausgestoßene auf, um sie ins KZ zu deportierten. Und mit dem Kriegsverlauf der Polizei immer einfacher, sich dem „Gesindel“ zu entledigen.
Nach Kriegsende auf Tauchstation
Als das Kriegsende abzusehen war, gingen hochrangige Polizeibeamte auf Tauchstation. Gerade diejenigen, die neben ihrer Tätigkeit als Kripobeamten auch noch mit ihrem Know-How in den besetzten Gebieten tätig waren, taten gut daran, sich erst einmal zu verbergen. Angeblich zur Sicherung des Reiches zuständig, meldeten sie sich bei dem zuständigen SS-und Polizeiführer Krakaus. In Polen halfen sie mit den gefürchteten Einsatzgruppen bei den Säuberungsaktionen.
Entnazifizierung – ein gelungener Neuanfang?
Auch mit dem Danach geht die Ausstellung kritisch ins Gericht: Die Alliierten hatten genug halbe Skelette, die sie aus dem KZ und Gefängnissen befreit hatten, die u.a. auch von der Polizei dort hinein getrieben wurden. Der Wunsch nach Entnazifizierung zum Aufbau demokratischer Strukturen war mit Sicherheit ein hohes Ideal, auf Dauer dennoch schlecht zu bewerkstelligen. Zum einen fehlten die Beamten, zum anderen konnte die Mittäterschaft wie an den Säuberungsaktionen im Osten erst nach Jahrzehnten belegt werden.

Altgediente Nazis für eine neue Kripo
Gewaltverbrechen beteiligt gewesen waren. Der ehemalige SS-Sturmbannführer und Reichskommissar Dr. Bernd Wehner saß von 1954-1970 fest im Sattel als Kopf der Düsseldorfer Kripo. Seinerzeit gehörte er zu dem Spezial-Team um den Attentäter Georg Elser, der Hitler Bürgerbräukeller mit einer Bombe töten wollte. Wehner galt nicht nur als Koryphäe auf dem Gebiet „Vorbeugende Verbrechensbekämpfung“ und unterhielt das Nachkriegsdeutschland auch mit allerlei schriftstellerischen Schnurren im SPIEGEL über „Glanz und Elend der deutschen Kriminalpolizei.“ Bis weit in den 80ern veröffentlichte er Bücher und Artikel über deren Geschichte, ohne wirklich eine moralische Aufarbeitung zu betreiben.
„Du musst die Menschen nehmen, wie sie sind, es gibt keine anderen“
Ausgewiesene Fachleute waren in der Nachkriegszeit Mangelware, daher mussten auch die Alliierten auf Altbewährtes NS-Zeit zurückgreifen, sowohl Material als auch Menschen. Vielleicht handelten sie aber auch frei nach Konrads Adenauer Motto: „Du musst die Menschen nehmen, wie sie sind, es gibt keine anderen.“
Weitere Infos zur Sonderausstellung bis zum 16.12.2021
Die Kommissare.
Kriminalpolizei an Rhein und Ruhr 1920–1950Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf
Mühlenstraße 29
40213 Düsseldorf

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