Darüber, dass die Liebe höchstens ein nettes Beiwerk in früheren Zeiten war, habe ich schon oft geschrieben. Doch im frühen Mittelalter gab es drei Eheformen, die sich aus dem römisch-germanischen Recht herausgebildet hatten. Interessant ist, dass sie munter parallel voneinander existieren konnten, ohne dass jemand moralisch daran Anstoß nahm. Allerdings nur zunächst.
Ausgehandelte Muntehe
Zum einen gab es die sogenannte „Muntehe“, bei der der Bräutigam einen mit der Sippe seiner Zukünftigen ausgehandelten Preis für seine Braut zahlte. Ob dieser sogenannte „Muntschatz“ eine angemessene Summe für den Wert einer Tochter war? Jedenfalls konnte die Braut erst danach von der Vormundschaft ihres Vaters in die ihres Mannes wechseln.

Die freie Wahl der Friedelehe
Die „Friedelehe“ kam der heutigen gewünschten Liebesheirat vielleicht am Nächsten. Zwar weniger verbindlich, war sie eine partnerschaftliche Form des Miteinanders, das auf eine freie Übereinkunft zwischen Mann und Frau beruhte. Meist kamen die jeweiligen Eheleute aus unterschiedlichen Ständen.
Parallel dazu war es dem Mann gestattet, eine Muntehe und gleichzeitig mehrere Friedelehen zu führen. Die Kinder aus diesen sogenannten Friedelehen waren zu dem damaligen Zeitpunkt komplett erbberechtigt. Um das Maß der Kompliziertheit voll zu machen: aus einer Friedelehe konnte jederzeit eine Muntehe entstehen.
Kebsehe – erzwungener Sex?
Last but not least gab es auch die „Kebsehe“. Kebse bedeutet Nebenfrau, d.h. ein freier Mann konnte die Verbindung mit einer „Unfreien“, einer Leibeigenen eingehen. Der Freie besaß die Verfügungsgewalt über seine Mägde und dadurch auch die „Erlaubnis“, sie zu ehelich und sie zum Sex zu zwingen.
Die Macht der Kirche: Kein Inzest, null Vielehen, keine Scheidung
Je mehr jedoch die Macht der Kirche zunahm, desto mehr verfolgte sie ein bestimmtes Familienprogramm, in dem für Friedel- und Kebsehen keinen Platz gab. Inzest war out (man durfte nicht einmal als Cousin sechsten Grades die Ehe eingehen), und auch die Scheidungen wurden unterbunden. Zwar zeigte man sich Kaiser und Fürsten mit ihren Gespielinnen, Mätressen und Ehen zur linken Hand durchaus tolerant, aber die daraus entstandenen Kinder waren rechtlich im Grunde genommen Bastarde.

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