Tatsächlich gab es keine Ehe für Jedermann – und das bis ins 19. Jahrhundert hinein. Etlichen Schichten blieb der Hausstand verwehrt. Dazu gehörten die mittellose Schicht der Tagelöhner, Knechte und Mägde, Kinder von Prostituierten oder auch Soldaten. Auch der Lehnsherr achtete streng darauf und drang bei den Bauern aufgrund von Machtansprüchen, sich ihre Heiratserlaubnis bei ihm abzuholen.
Geduld als Tugend
Auch die, die heiraten wollten, brauchten in vielen Fällen eine besondere Tugend: Geduld. In vielen ländlichen Gegenden, wo das Anerbenrecht herrschte, durfte nur der Hoferbe heiraten und der Rest ging leer aus und verdiente sich als Tagelöhner.
Rücksicht auf gesellschaftliche Rangordnung
Der wiederrum musste warten, bis er sich seinen Besitz zusammen gespart hatte (was auch das späte Heiratsalter erklärt). Erst dann konnte er sich eine Frau nehmen. Allerdings durfte er nur in dem Bereich der ebenfalls Besitzlosen fischen, d.h. bei den Töchtern, die nach dem Erbrecht ebenfalls leer ausgingen.
Heirat bedeutete häufig neuen Job
Schlechtere Karten eine Familie zu gründen besaßen ohnehin diejenigen, die von vornherein in einem Dienstverhältnis standen. Sie konnten nur innerhalb ihrer Schicht heiraten, mussten ihren Job beim Bauern an den Nagel hängen und versuchen, sich auf andere Weise durchzuschlagen.
Nach „unten“ Heiraten ging immer
Interessanterweise konnte nach „unten“ geheiratet werden, denn die Stabilität, zu einer etablierten Schicht zugehören, erwies sich als äußerst fragil.
Spielschulden, falsches Wirtschaften, Krankheit oder sonstige Katastrophen: Gründe gab es auch für Handwerker und Bauern genug, in die besitzlose Schicht abzusteigen und damit den Rest seiner Familie ebenfalls mitzuziehen. Den Kindern blieb nur das Los des Tagelöhners. Und was das Heiraten angeht, die Kunst des Sparens und des Warten Könnens.
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