Ein zartes Klicken oder ein kurzer Aufprall mit einer kaskadenartigen Abfolge von zusammenstoßenden Kugeln; bei der Königsdisziplin des Billards „Snooker“, kommt es auf Nuancen an. Auf das genaue Hinschauen bei der Positionierung der Bälle. Auf die Präzision beim Ausführen des Stoßes, der nur gelingt, wenn man seinen Arm zu händeln weiß, Geschwindigkeit und Drall genau kennt, und die Gefühle reguliert. Man kann auch sagen: Beherrschst du dich selbst, beherrschst du die weiße Kugel.
Buddhistische Billard-Variante ;_)

Hätte der Urvater des Snookers, Oberst Neville Chamberlain, als er 1875 in der britischen Kronkolonie Indien an der neuen Billardvariante herumtüftelte, geahnt, welches buddhistische Lehrstück ihm damit zusätzlich gelungen war, hätte man ihn zu einem Rinpoche ernannt 😉 Aber es kam anders. Er machte aus einem Spiel, wo es einzig um das Versenken der Kugeln ging, quasi ein Spiel im verschachtelten Spiel mit asiatischer Philosophie.
Gut versteckt ist die halbe Miete
Beim Snooker gibt es 15 Rote und sechs andersfarbige Bälle, die in dem rot-farbigen Rhythmus eingelocht werden müssen. Für die Roten gibt es beim Einlochen 1 Punkt, für die Farbigen, je nach Rang, eine höhere Punktzahl, wobei die Schwarze davon mit 7 Punkten die höchste Punktzahl hat. Liegen nicht mehr genügend Punkte für den Gegner auf dem Tisch, um den Frame zu gewinnen, hat dieser manchmal noch ein As im Ärmel. Nämlich zu Snookern (Verstecken), um seinen Kontrahenten zu Fehlern zu zwingen. Je nachdem, wie gut er den anzuspielenden Ball „versteckt“, muss der Kontrahent entweder über Bande gehen oder einen Bogenball spielen. In beiden Fällen geht dieser Spieler ein hohes Risiko ein, weil er weiß, wie schnell es zu einem Foul führen kann. Denn die Fehlerpunkte beim Nichttreffen des Balles werden dem Gegner zugeschrieben. In einer harten umkämpften Partie kann sich das Snookern zu einem nervenzerfetzenden Thriller für alle Beteiligten auswirken.



Pokerface bis zum Ende
Dabei dürfen beim Snooker keine großen Emotionen gezeigt werden. Egal, wie sich ein Spieler in einer Spielsituation fühlen mag; er hat bis zum Ende sein Pokerface zu wahren. Zusammen mit dem Snooker-Dress (Hemd, Weste, Fliege, Stoffhose und Lederschuhen) bildet seine unterkühlte Miene eine Art Korsett der Contenance, der nicht nur den Gegner verunsichert, sondern auch die eigene mentale Stärke hervorhebt.
Mental Toughness
Denn ohne diese „mental toughness“ kann man jedes Spiel vergessen. Um die Turniere und die psychologischen Mätzchen des Gegners (und nicht zuletzt seine eigenen) durchzustehen, braucht ein guter Spieler einen klaren Kopf für ein vorausschauendes Spiel. Außerdem noch körperliche Fitness und nicht zuletzt auch einen gewissen Fleiß, um sein ständig an seinem Können zu feilen.
Den Spielball zu beherrschen ist das Schwierigste
Die weiße Kugel zu beherrschen, ist oberstes Gebot und zugleich das Schwierigste überhaupt. Sie ist der Spielball, mit dem es dem Spieler durch geschicktes Positionieren gelingt, die vorgegeben Kugeln in die Taschen zu versenken. Zugleich kann er, wenn er den Stoß richtig ausübt, den weiteren Verlauf der Weißen bestimmen, je nachdem, wo sie gebraucht wird. Mal muss sie am oberen Ende des Tisches eine verirrte Kugel einfangen, mal den Pulk Roter aufsprengen. Die Weiße hat ihre eigenen Gesetze; niemand soll sie zu etwas zwingen, was sie nach physikalischen Gesetzen nicht erreichen kann. Ein guter Spieler weiß, was er dem Spielball zumutet – wobei er auch immer die Möglichkeit des eigenen Scheiterns in Betracht zieht. Um das Spiel beherrschen zu können, muss man ein Gefühl für die weiße Kugel entwickeln. Und für sich selbst. Oder wie heißt es so schön im Tao Te Ching:
Herr zu sein über andere zeugt von Stärke,
Herr zu sein über sich selbst ist wirkliche Macht
P.S. Herzlichen Dank an den Snooker Verein Crossdouble Düsseldorf e.V. für die Inspiration und das Entstehen der Fotos.



Guter Artikel. Super Bilder.