Wegen Shitstorm auf den Scheiterhaufen.

Durch den Gerresheimer Dorfklatsch als „Hexe“ verbrannt

Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich`s gänzlich ungeniert, heißt es so schön. Mit anderen Worten: Es kann einem völlig egal sein, was die Anderen denken. Aber in einem kleinen Dorf bei Düsseldorf war es im 18. Jahrhundert genau umgekehrt: Der schlechte Ruf eilte einer Dorfbewohnerin dem bösen Dorfklatsch voraus. Und ließ sie tödlich auf einem Reisighaufen enden, mit einem Pulverfässchen um den Hals.

Sex mit dem Teufel und Hostienschändung

Die Rede ist hier von Agnes Olmans. Sie galt in dem sogenannten Gerresheimer Hexenprozess von 1737/1738 als Rädelsführerin, das willfährige Mädchen Helena Curtens dazu angestiftet zu haben, einen Pakt mit dem Teufel zu schließen. Beiden wurde zur Last gelegt, mit dem Satan Geschlechtsverkehr gehabt, sowie die Hostien geschändet zu haben.

Doch zurück auf Anfang. Was genau war geschehen?  In dem kleinen Gerresheim (heute ein Stadtteil von Düsseldorf) fiel ein 15 jähriges Mädchen der Dorfgemeinschaft durch seltsames Verhalten auf. Ihr Vater erklärte später dem Gericht, sie sei oft flatterhaft und „curiös“, andererseits auch wieder „vernünftig“. Jedenfalls nahm er ihre „Anwandlungen“ so ernst, dass er in der Hoffnung auf Besserung mit ihr mehrfach zum Wallfahrtsort Kevelaer pilgerte. Nach der letzten Wallfahrt berichtete das Mädchen, sie habe angeblich Tücher mit seltsam eingebrannten Zeichen erhalten. Einige vom Teufel persönlich, andere von ihrer Nachbarin Agnes Olmans.

Agnes Olmans als die Rädelsführerin in dem Teufelspakt

Die Gerüchte um das Mädchen, das mit dem Teufel verbunden war, kamen auch dem Richter des Amtes Mettmann, Johann Weyrich Sigismund Schwarz, zu Ohren. Er unterzog Helena mehreren Verhören, indem sie auch ohne Folter bereitwillig erzählte, wie sie nicht nur mit dem „schwarzen Mann“ Geschlechtsverkehr gehabt hatte, sondern, dass auch Agnes Olmans ihr gesagt habe, sie werde mit  Hilfe des Teufels gesund und sie solle die Hostien nach der heiligen Kommunion in den Schweinetrog werfen.

Für ihren Mann ist sie eine Kindsmörderin und Hexe

Hatte sich der Richter bislang nur für das überspannte Gerede eines Teenagers interessiert, geriet Agnes Olmans mitsamt ihrer Tochter Sibille immer mehr in den Bannkreis der Ermittlungen. Denn der üble Dorfklatsch eilte ihrem Ruf voraus. Man munkelte, sie habe ihre zwölfjährige Tochter Catharina Gertrud, die aus ungeklärten Ursachen gestorben war, getötet. Schützenhilfe erhielt der Richter ausgerechnet von ihrem Ehemann (vor dem sie weggelaufen war), der mehrfach bekräftigte, Agnes Olmans sei eine Kindsmörderin. Er verwies außerdem auf  ihre Mutter, die man nicht umsonst „Zauber Greth“ genannt hatte.  Weitere Zeugen wie Helenas Vater und deren Stiefmutter, mit der sich Helena überhaupt nicht verstand, sahen in Agnes Olmans ebenfalls die Hauptschuldige.  

Peinliches Verhör

Keine Rettung durch Wasserprobe

Die Schlinge um den Agnes Olmans Hals zog sich immer weiter zu, obwohl sie alles daran setzte, ihre Unschuld zu beweisen (und damit ihr Leben zu retten). Sie bestritt energisch, mit diesen Dingen zu tun zu haben und mit dem Teufel im Bunde zu stehen. Als Beweis ihrer Unschuld bot sie dem Richter eine „Wasserprobe“ an. Doch diese wurde abgelehnt, weil sie laut der Bergischen Gerichtsbarkeit von 1555 nicht mehr zulässig war.  In der „peinlichen Befragung“, die darauf folgte, erwies sich Agnes Olmanns  als außerordentlich halsstarrig und widerborstig. Schon zuvor hatte sie versucht, ihren Ruf zu retten, als man sie im Dorf als Kindsmörderin verdächtigte. Sie ging zu dem Pastor ihres alten Wohnortes und bat diesen um Hilfe. Doch der winkte ab, wusste er doch aus Erfahrung, dass die Gerüchte höchstens mit Geld verstummen würden. Geld, das Agnes Olmanns, als Frau eines Tagelöhners garantiert nicht besaß. Die Familie hatte schon Mühe, die Pacht zu bezahlen, weswegen sie oft umgezogen waren. 

Unsichtbare Schändung durch den Satan

Währenddessen schürte Helena Curtens in der Haft unwissentlich weiter den Blasebalg für den Gang auf den Scheiterhaufen. Der Teufel habe sie auch im Gefängnis ausgesucht und sie mit dem Tode bedroht, erklärte sie mehrfach.  Als sie versuchte, sich selbst zu erwürgen, unterzog man sie einer medizinischen Untersuchung. Aber man fand nichts. Weil Helena weiterhin tobte und schrie, erklärte das Gericht, der Teufel habe das Mädchen auf unsichtbare Weise geschändet. Und sie sei mit dem Teufel verbunden, was man aber logischerweise nicht sehen könne, wegen seiner besagten Unsichtbarkeit.

Anlegen einer Beinschraube, sogenannter spanischer Stiefel

Nach der „peinlichen Befragung“ folgte der „spanische Stiefel“

Für Richter Schwarz war Agnes Olmans eine harte Nuss, der nur noch mit dem „spanischen Stiefel“  beizukommen war. Er benötigte den letzten Beweis. Schwarz brauchte nicht lange zu warten. Denn durch diese Foltermethode gelang es ihm, die Frau endlich zu brechen. Agnes Olmans  gestand nicht nur, mit dem Teufel paktiert, sondern Helena zur Hostienschändung und zur Vortäuschung von Wundern angestiftet zu haben. Allerdings versicherte sie immer wieder, dass ihr Mann und ihre Kinder unschuldig seien. 

Besiegeltes Schicksal auf dem Scheiterhaufen

Das Schicksal dieser beiden Frauen war damit endgültig besiegelt. Am 19. August 1738 fand auf dem alten Galgenberg (heute Gallberg) die öffentliche Verbrennung statt. Heute ziert an der Ecke Dreherstraße / Schönausstraße ein Hexengedenkstein. Eine Inschrift erinnert mit den Worten „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ an die Grundrechte eines jeden Menschen. Rechte, die Agnes Olmanns und Helena Curtens damals nicht besaßen.    

Constitutio Criminialis Theresiana Gerichtsordnung

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