Absturz durch Gift und Frömmelei
Sie war die Ehrendame seiner spanischen Gattin und zugleich eine enge Freundin ihrer zukünftigen Vorgängerin Louise de La Vallière. Beobachter nannten sie eine paradiesische Augenweide, Lieselotte von der Pfalz, des Sonnenkönigs Schwägerin hingegen fand: „Sie herrscht dröhnend und triumphierend“. Die Rede ist von Françoise de Montespan, langjährige Herzensdame von Ludwig des XIV.

Mätresse sein – ein Fulltime Job
Eine Mätresse zu sein, war (ist?) ein ernstes Geschäft. Eine Maîtresse en titre , so der offizielle Titel der Favoritin am Hofe des Sonnenkönigs zu sein, bedeutete DEN gesellschaftlichen und politischen Aufstieg. Dabei geriet das Liebesabenteuer eher zur Nebensache. Wichtig war, wem der König seine Aufmerksamkeit schenkte, wenn er aus dem Bett stieg. Diese besondere Form der Aufmerksamkeit zu erlangen und – vor allen Dingen- zu halten, war ein Fulltime-Job.

Ludwig XIV stank abartig
Um zum Beispiel den Versailler Hof zu überstehen waren starke Nerven von Nöten. Eine Mätresse hatte dem König permanent zu Verfügung zu stehen und war die Unbill der anderen Günstlinge ausgesetzt. Das Leben der Mätresse ist gespickt von Intrigen und Eifersüchteleien. Die weibliche Konkurrenz scharrte mit den Hufen, jederzeit bereit, den Platz der Favoritin einzunehmen. Genauso musste frau lernen, ihren Geruchsinn auszuschalten. Denn im Falle des Sonnenkönigs verwandelte sich das mögliche Begehren oft in Abscheu: Ludwig XIV stank pestilenzartig. Nicht nur, weil man zu der Zeit gemeinhin wenig badete, sondern auch, weil seine Leibärzte alle königlichen Zähne gezogen, seinen Unterkiefer gebrochen und das Gaumensegel nebenbei herausgerissen hatten.[1] Auch das Essen war bei ihm eine unappetitliche Angelegenheit: Diverse Flüssigkeiten stiegen ihm Dank des fehlenden Gaumensegels aus der Nase heraus.

Meisterin der Konversation und verheiratete Königshure
Doch zurück zu den Gefühlen. Was den König anzog und de Montespan von seinen anderen Liebschaften unterschied, war ihre Scharfzüngigkeit in der Konversation. Niemand entkam ihrer spitzen Zunge, mit der sie vernichtend über Menschen zu urteilen pflegte. Das Leben hätte für die beiden kaum schöner sein können, wäre da nicht ihr gehörnter Ehemann gewesen. Wohl der gesellschaftlichen Moral auf seiner Seite wissend, schrie er seine Rolle als Betrogenen in die ganze Welt hinaus. Denn ein König durfte und sollte eine Geliebte haben, aber bitte nicht die Frau eines anderen!
Moralisch unantastbares Dreigestirn
Da Ludwig die sogenannte „Königshure“ nicht einfach auf seine Feldzüge mitnehmen konnte, machte er daraus geschickt einen Staatsakt. Er bestellte in einer goldenen Kutsche seine Ehefrau, die angehende und doch nicht mehr aktuelle Maîtresse en titre sowie ihre Nachfolgerin, also die Montespan, zu sich ein. Das moralisch nun unantastbare Dreigestirn reiste mit zu des Königs Schlachten – und die Welt war wieder in Ordnung.

Sturz über Gift und Frömmelei
Als oberste Angebetete herrschte sie ein Jahrzehnt wie eine Göttin. Gestürzt wurde sie nicht nur über die berühmte Giftaffäre (hatte sie ihm ein Liebeselixier beigemischt, oder nicht?), sondern auch über die Frömmigkeit des Kinderfräuleins ihrer gemeinsamen Kinder de Maintenon. Eine Schlange übrigens, die sie selbst jahrelang an ihren Busen genährt hatte, denn die Montespan hatte sie selbst eingestellt. Aber die Zeiten haben sich geändert. Nach der Giftmischerei war für den Herrscher nun Religiosität angesagt. Der Sonnenkönig saß seiner neuen ganz in Schwarz gekleidete Gespielin gegenüber, klagte über das Leben, die Frauen und überhaupt – und fühlte sich verstanden.
Der Abstieg ins Badezimmer
Der perfide Abstieg der Montespan begann mit einem Badezimmer. Ausgerechnet in dem, welches der König ausgerechnet während der Jahre ihrer Lustbarkeiten für ihre gemeinsamen Schäferstunden errichten ließ. Gewiss, die Bäderappartements mit ihren Intarsien, Marmor, Fresken und einer achteckigen Badewanne waren nett anzusehen, aber nicht mit der wohligen Wärme im Corps de Logis zu vergleichen. Dort einquartiert und zur Unperson degradiert, ward es der Montespan es nicht nur kalt ums Herz, sondern fror es ihr auch noch den Hintern ab. Bis man sich ihrer erbarmte und wenigstens die Marmorplatten durch Holzböden ersetzte. Als sie schließlich ins Kloster zog, warf ihr Sohn ihre Habseligkeiten vor aller Augen durch das Fenster auf die Terrasse. Überlebt haben nicht die vom König geschenkten Schlösser, sondern nur besagte Badewanne. Die wiederrum übernahm eine andere Mätresse (Madame de Pompadour) und ließ sie in die Eremitage bringen ließ. Die Pompadour besaß also ein Gefühl für sinnvolle Nutzung der Resourcen. Bravo so.


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